Gleich, nur anders? Monarchische Repräsentation im Hellenismus zwischen Angleichung und Abgrenzung / The Same, but Different? Monarchical Representation in the Hellenistic World between Assimilation and Differentiation

Gleich, nur anders? Monarchische Repräsentation im Hellenismus zwischen Angleichung und Abgrenzung / The Same, but Different? Monarchical Representation in the Hellenistic World between Assimilation and Differentiation

Organisatoren
Christoph Michels / Hans Beck / Achim Lichtenberger, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Ort
hybrid (Münster)
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.03.2022 - 11.03.2022
Url der Konferenzwebsite
Von
Jack W. G. Schropp, Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik des DAI in München / Institut für Alte Geschichte und Altorientalistik, Universität Innsbruck

Wie wichtig die Selbstdarstellung für Herrschende gegenüber den eigenen Bürgern und Untertanen auf der einen Seite und gegenüber den Feinden und Konkurrenten nach außen auf der anderen Seite ist, wird uns momentan durch die gegenwärtigen Entwicklungen in Europa wieder gewahr. Ungewollt erfuhr dadurch die in Münster vom 9. bis zum 11. März ausgerichtete internationale Konferenz zur monarchischen Repräsentation im Hellenismus eine Aktualität, die jenseits ihrer Absichten lag, jedoch eine Erweiterung des Erkenntnishorizontes vergangener Repräsentationsformen bewirkte. Verteilt auf zwei Zeitblöcke (4./3. und 2./1. Jahrhundert) mit insgesamt neun thematischen Sektionen setzten sich die 25 Vortragenden über drei Tage hinweg mit den verschiedenen, großen und kleinen hellenistischen Monarchien auseinander. Mit einer interdisziplinären Herangehensweise wurden zum einen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Herrschaftsauffassung und -inszenierung der hellenistischen Könige herausgearbeitet und zum anderen der Bedeutung von mitunter transkulturellen Kommunikationswegen bei der Herausbildung und Übernahme der Ideologeme nachgegangen. Immer wieder ging es dabei um die Bewertung der Beobachtung, dass sich die Könige und ihre Dynastien in ihrer medialen Selbstdarstellung untereinander zwar frappierend ähneln konnten, sie zugleich jedoch dezidiert andere Wege gingen.

Auf eine kurze Einführung in die Fragestellung der Konferenz durch CHRISTOPH MICHELS (Münster) folgte der erste Block zum vierten und dritten Jahrhundert v. Chr. mit fünf Sektionen. In der ersten dieser Sektionen mit dem Titel „Die Formationsphase“ fragte zunächst SABINE MÜLLER (Marburg) nach der Vorreiterrolle des makedonischen Königsgeschlechts der Argeaden für die Selbstdarstellung der Diadochen. In mehreren Bereichen ließen sich argeadische Einflüsse beobachten, wie etwa in den einzelnen dynastischen Gründungsmythen oder in der Verwendung dynastischer Namen. In ihrer Nachwirkung von besonderer Qualität waren das öffentliche Auftreten von Frauen am Königshof sowie die Schaffung einer dynastischen Ikonographie auf den Münzbildern. Den Parallelen zwischen der Zeit der Diadochenkriege nach dem Tod Alexanders des Großen und der Phase des Chu-Han-Streites nach dem Tod Qin Shi Huang ging JORDAN CHRISTOPHER (Münster) nach. Beide Perioden ließen sich wegen ihrer strukturellen Ähnlichkeiten und wegen dem diese Zeit begründenden Ereignis, dem Zusammenbruch eines Großreiches, vergleichen. Mit dem Ende von Alexander- und Qin-Reich gab es keine zentrale Figur mehr, die das kulturell heterogene Herrschaftsgebiet zusammenhielt und einen gottgleichen Status innehatte. An ihre Stelle traten die Nachfolger Alexanders bzw. die post-Qin Generäle, die in vergleichbarer Weise einen Königstitel (Basileus/Huangdi) annahmen und um die Vorherrschaft kämpften. Im Anschluss daran untersuchte RALF VON DEN HOFF (Freiburg) die bildliche Repräsentation der frühhellenistischen Herrscher anhand von Münzporträts und rundplastischen Porträts. Dafür wählte er einen transdynastischen Zugang und verwendete den neutralen Begriff des „Porträtkonzepts“, um die typologischen, ikonographischen, physiognomischen und mimetischen Traditionen und Konventionen der verschiedenen Porträtgruppen besser erfassen zu können. Aus der Fülle des Materials ergebe sich, dass die meisten Porträts den Herrscher bartlos, mit kurzem Haar und ohrenfreier Frisur zeigten. Um 280 v. Chr. lasse sich ein Bruch im Porträtkonzept feststellen, wonach es zu einem Wechsel von einem „Macher-Konzept“ mit Schwerpunkten auf Alter und strengem Blick zu einem „Jugend-Konzept“ mit statischen und beruhigten Gesichtszügen gekommen sei.

Die zweite Sektion widmete sich der hellenistischen „Hofkultur und Theatralität von Herrschaft“. SHANE WALLACE (Dublin) untersuchte am Beispiel des Epithetons Megas die Bedeutung des Hofes als „Plattform“ von Rivalität und der Herausbildung monarchischer Ideologien. Die Aufnahme von Megas in die offizielle Titulatur bei Seleukiden und Ptolemaiern sei dabei auch auf die Konkurrenz unter den Hofmitgliedern zurückzuführen, versuchten diese doch, in der Gunst des Herrschers aufzusteigen, indem sie etwa im Kontext von königlichen Festen das kommunikative Angebot neuer Formen der Anrede und Ehrung der Könige machten. Dass der Tod des Königs in mehrfacher Hinsicht ein kritischer Augenblick für die hellenistischen Reiche sowohl für die Wahrnehmung des Herrschers als gottgleiches Subjekt, als auch für die Übernahme der Macht durch den präsumtiven Nachfolger war, strich HANS-ULRICH WIEMER (Erlangen-Nürnberg) heraus. Unter Heranziehung mehrerer Beispiele verdeutlichte er, dass die Bestattung des monarchischen Vorgängers für den dynastischen Herrschaftsanspruch von großer legitimatorischer Bedeutung war, und dass der neue König sich dadurch einen hohen Zuspruch gegenüber seinem Herrschaftsantritt zu sichern vermochte. Gleichzeitig waren solche idealen Bedingungen nicht immer gegeben: So starben Herrscher im Laufe von Feldzügen, und auch Feinde konnten den besiegten Herrschern die letzte Ehre erweisen.

Es folgten in der nächsten Sektion drei Vorträge zum Thema „Der König und das Göttliche“. GREGOR WEBER (Augsburg) spürte den Mechanismen, den Akteuren und dem Experimentierpotenzial von königlichen Schutzgottheiten nach. Grundsätzlich ließen sich mit dem Konzept des „Schutzgottes“ und seiner Umsetzung durch die hellenistischen Herrscher mehrere Strategien der Selbstdarstellung auf einer metaphorischen Bildebene verbinden. Zu differenzieren sei zwischen der genealogischen Rückführung auf Zeus, Apollon oder Dionysos, einer situativen Bezugnahme wie bei Demetrios I. Poliorketes auf Poseidon oder Antigonos Gonatas auf Pan und dem Verhältnis der Könige zu indigenen Gottheiten wie Ahura Mazda oder Amun-Re. Ausgehend von der Annahme, dass Herrschaft nicht nur Charisma, sondern auch Herkunft braucht, ging anschließend STEFAN PFEIFFER (Halle) der Frage nach, welche Bedeutung die Dynastie und die Familie für die ptolemaiische Herrschaft hatte. Eine besondere Rolle habe in diesem Zusammenhang das Prinzip der Endogamie sowie die Konstruktion einer dynastischen Vergangenheit und Gegenwart durch die Erfindung von mythischen Genealogien gespielt. Insgesamt hätten es die Ptolemaier verstanden, Genealogie und Endogamie als eine Art prospektive Erinnerungsgemeinschaft für sich zu nutzen. SONJA RICHTER (Essen) fragte vor dem Hintergrund der Entstehung eines Dynastiekults bei den Seleukiden nach den Grundlagen von Herrschaft, Dynastie und Kult in einem solch heterogenen Riesenreich. Dessen allein durch seine Größe bedingte Vielfalt erschwerte eine reichsweit einheitliche Herrschaftsinszenierung. Dennoch habe es auch Versuche gegeben, diese Heterogenität durch reichseinende Elemente wie den Bezug zu Apollon zu überwinden.

Die vierte Sektion trug den Titel „Themen und Felder monarchischer Repräsentation“. Eines dieser Felder stellten die sportlichen Wettkämpfe dar, mit denen sich SEBASTIAN SCHARFF (Münster) auseinandersetzte. Im Speziellen ging es ihm um die mediale Verwertung von Siegen in den hippischen Agonen durch die Ptolemaier, die in der ersten Hälfe des dritten Jahrhunderts v. Chr. das Wagenrennen mit Viergespann bei den panhellenischen Spielen dominierten. Dass die in der Hofdichtung überaus präsente Athletik von großer Bedeutung für die Ptolemaier war, veranschaulicht auch deren Stiftung von Festen, die Einführung von neuen Wettkampfarten oder die Förderung von Athleten. Ein weiteres Themenfeld, das von den hellenistischen Königen zu Eigenzwecken genutzt wurde, war die Wahrung des inneren Friedens. CHARALAMPOS CHRYSAFIS (Augsburg) betonte unter Heranziehung von literarischen Quellen wie dem Aristeas-Brief oder Diotogenes’ Peri Basileias, dass neben der überragenden Rolle des militärisch siegreichen Feldherrn für die Herrscher auch die innere Harmonie als Idealzustand der Gesellschaft und der Frieden mit Nachbarstaaten von Bedeutung waren, um sich als Hüter der Ordnung und Garanten des Wohlstandes gegenüber der eigenen Bevölkerung in den Poleis und im Reich zu präsentieren, was freilich nicht mit Pazifismus zu verwechseln ist. Der Verbindung von makedonischer Ethnizität und griechischer Kulturförderung als Feld der Selbstdarstellung widmete sich CHRISTOPH MICHELS (Münster). Ausgehend vom Borsippa-Zylinder Antiochos’ I. und der darin auftauchenden Bezeichnung des Vaters Seleukos I. als „der Makedone“ fragte er nach Hintergrund und Zielrichtung der Beigabe des Ethnikons im babylonischen Kontext und daran anknüpfend an dessen Präsenz im griechischen Raum. Gerade bei den Ptolemaiern zeige sich eine Verbindung zur Förderung von griechischer Kultur, die trotz geringer Quellen durchaus auch für die Seleukiden galt. Inwiefern die Ethnizität indes zur Abgrenzung von den indigenen Untertanen genutzt wurde, bleibe mit Zweifeln behaftet.

In der letzten Sektion des ersten Blocks wurden „Ausstrahlung und Fremdherrschaft“ in den Blick genommen. HANS BECK (Münster) behandelte die Interaktionsformen zwischen den hellenistischen Königen und den griechischen Koina ausgehend von einer im Apollonheiligtum von Thermos zu Ehren Ptolemaios’ III. und dessen Familie errichteten Statuengruppe, die der Aitolische Bund für dessen Wohltaten ihnen und allen anderen Griechen gegenüber gestiftet hatte. Beck zeigte dabei auf, dass monarchische Repräsentation im griechischen Festland an lokale Traditionen und Kulten anknüpfte, wodurch die Fremdheit des makedonischen Königtums reduziert wurde. Gerade die Koina fungierten dabei als Katalysatoren, die die Herrscher und ihre Familien als Anknüpfungspunkte zur Selbstdarstellung nutzen konnten. Die anschließenden beiden Vorträge behandelten Reiche an den äußersten Enden der hellenistischen Welt im Osten und im Westen. MILINDA HOO (Freiburg) problematisierte hinsichtlich der Analyse der Herrschaftsrepräsentation der graeco-baktrischen Könige auf Basis der numismatischen und archäologischen Evidenz eine Dichotomie zwischen hellenistischen und achaimenidischen Elementen. Die aus dem vielfältigen wenngleich lückenhaften Quellenmaterial schließbare charismatische Inszenierung der Könige als Sieger, Bauherr und Held sei weder als vollständig global oder lokal zu deuten, sondern sowohl in der Praxis als auch in der Orientierung als translokal zu fassen. Den Blick in den Westen richtete dann LINDA-MARIE GÜNTHER (München), die sich mit Hieron II. und der Transformation seiner bei Antritt noch als Tyrannis geltenden Herrschaft zu einer Monarchie nach makedonischem Vorbild beschäftigte. Dessen lange Regierungszeit von 269 bis 215 v. Chr. zeichnete sich durch eine internationale Vernetzung aus, dank der er sich gegenüber den anderen hellenistischen Königreichen eine hohe kompetitive Reputation verschaffen konnte. Gleichzeitig stellte er sich durch seine Münzprägung, Heiratspolitik, Gesetzgebung und Diplomatie in eine Traditionslinie mit früheren syrakusanischen Machthabern, wodurch er seine Stellung als Monarch in Syrakus verankert habe.

Im Fokus des zweiten Zeitblocks standen das zweite und erste Jahrhundert v. Chr. mit vier thematischen Sektionen. Die Sektion „Das Herrscherbild zwischen Tradition und Innovation“ eröffnete EMMA NICHOLSON (Exeter) mit ihrem Vortrag zur Darstellung des Königs Philipp V. im polybianischen Geschichtswerk mit Vergleichen zur dortigen Behandlung Antiochos’ III. Philipp erscheine bei Polybios als ein König, der wie kein anderer die besten und schlechtesten Eigenschaften eines Herrschers besessen habe. Ausgehend von dem Entwicklungsverlauf der Persönlichkeit Philipps bei Polybios – auf die anfänglich positiv bewertete Herrschaft folgte dessen charakterliche Degeneration – fragte Nicholson nach dem Aussagewert für das gewandelte Herrscherbild im zweiten Jahrhundert v. Chr. Fast nahtlos knüpfte daran der Vortrag von NOAH KAYE (East Lansing) an, dem zufolge das Königtum im zweiten Jahrhundert v. Chr. eine „routinization of charisma“ erlebte, was durch die Etablierung der römischen Hegemonie im östlichen Mittelmeerraum weiter verschärft worden sei, da die von Rom unterworfenen Gemeinschaften ihre fortwährende Anerkennung des königlichen Charismas langsam beendeten. Ersichtlich werde dieser Wandel auch an der Zunahme der administrativen Komplexität und an den sogenannten autonomen Münzprägungen. Eine andere, gewissermaßen kontrastierende Facette analysierte MARTIN KOVACS (Tübingen), der die bildliche Darstellung der seleukidischen Herrscher im zweiten Jahrhundert v. Chr. untersuchte, bei denen ein erneuter Rückgriff auf das Alexanderbild feststellbar ist. Unter diesen ragte vor allem Antiochos IV. hervor, der sich im Gegensatz zu früheren Königen nicht seinem Alter entsprechend, sondern jugendlich mit idealisierten Zügen porträtieren ließ. Seine juvenile Selbstdarstellung sollte ein neues, wieder dezidiert charismatisches seleukidisches Königsbild prägen, welches von seinen Nachfolgern übernommen wurde.

Im Gegensatz zu den vorangehenden Einheiten wurde in der siebten Sektion „Königliches Image und Münzbotschaften“ ausschließlich die Numismatik behandelt. KATHARINA MARTIN (Münster) zeigte, dass ab dem zweiten Jahrhundert v. Chr. verstärkt aus griechischer Sicht „fremdartige“ Gottheiten erscheinen bzw. griechische Gottheiten mit neuen Attributen versehen werden. Solche neuartigen Elemente fänden sich vor allem bei den Seleukiden und den graeco-baktrischen Herrschern. Das Zielpublikum solcher Bildmotive war wohl sozial, ethnisch und geographisch begrenzt, auf jeden Fall nicht mehr eine allein griechisch geprägte Elite. Die Deutung bleibt aufgrund mangelnder Quellen oft umstritten, als Voraussetzung für die Berücksichtigung lokal und regional bedeutsamer Kulte ist aber wohl die Schwäche des Gesamtreiches zu sehen. Die häufig postulierte Übernahme von ikonographischen und technischen Merkmalen ptolemaiischer Münzen bei den Seleukiden unterzog PETER F. MITTAG (Köln) einer kritischen Überprüfung. Diese „Gleichungen mit vielen Unbekannten“ seien vor allem im Kontext der wechselnden Kontrolle über Phoinikien feststellbar, als die Seleukiden den von den Ptolemaiern in der Region verwendete Gewichtsstandard der Bronzemünzen übernahmen und ihre Ikonographie derjenigen ptolemaiischen Münzen anpassten, um vor allem lokalen Bedürfnissen nachzukommen. Viele der häufig ins Feld geführten ptolemaiischen Bezüge hielten indes bei einer näheren Betrachtung nicht stand.

Um „Anschluss und Abgrenzung“ ging es in der achten Sektion. GIOVANNA PASQUARIELLO (Edinburgh) beschäftigte sich mit der Siegesideologie über die Galater. Seit dem Auftauchen dieses keltischen Stammes im dritten Jahrhundert v. Chr. kämpften diverse hellenistische Könige gegen sie und nutzen ihre Siege (obgleich sie die Galater auch als Söldner nutzten), um ihr Prestige als Feldherren zu steigern und ihre Herrschaftsansprüche zu untermauern. Von besonderer Bedeutung war diese Form der Sieghaftigkeit gegenüber den Galatern für die Attaliden. Neben dieser dynastiespezifischen Funktionalisierung des Galatersieges gab es indes eine Vielfalt an monarchischen Instrumentalisierungen, in deren Zentrum der Herrscher als Beschützer vor dem Barbarentum stand. ALEX MCAULEY (Cardiff) hinterfragte die Gründe und Zielsetzungen des Aufkommens des Phänomens der Geschwisterehe bei den pontischen Mithradatiden. Gegen einen häufig als zentral gedeuteten Bezug zu den Ptolemaiern verwies er auf mögliche achaimenidische Traditionen, die für das wesentlich iranisch geprägte Königshaus trotz des hellenistischen Titels Philadelphos auf pontischen Münzen entscheidender gewesen sein mögen. Am Beispiel der vermutlich unter Ptolemaios VI. eingeführten ethnischen Organisationsform der politeumata ging im Anschluss PATRICK SÄNGER (Münster) der Frage nach, ob es hellenistischen Königen möglich war, sich über ihre Verwaltungs- oder Sozialpolitik zu legitimieren. Aufgrund ihres zunehmenden Bedeutungsverlusts auf internationaler Bühne habe das politeuma den ptolemaiischen Herrschern eine attraktive Alternative geboten, um weiterhin ihre einstige Rolle als Seemacht im östlichen Mittelmeerraum ideologisch zu behaupten. Dadurch gelang es den Ptolemaiern des zweiten und ersten Jahrhunderts v. Chr., einerseits an eine glorreiche Vergangenheit anzuknüpfen und andererseits die Integration fremder Gruppen in das ptolemaiische Rechtssystem zu erleichtern.

Die neunte und letzte Sektion der Konferenz „Kommunikationsräume und Bezugspunkte von Repräsentation“ leitete BENEDIKT ECKHARDT (Edinburgh) mit einem Vortrag zu königstreuen Organisationen bei den Ptolemaiern, Attaliden, Seleukiden und Antigoniden ein. Während der Charakter von Vereinen mit Namen wie Attalistai oder Basilistai recht deutlich zu Tage trete, bleibe die Bedeutung von Selbstbezeichnungen wie Antiocheis umstritten. Welche Funktionen diese loyalistischen „Königsmänner“ konkret erfüllten und wie sich die Verbindung zur Institution des Gymnasions gestaltete, bleibe aufgrund der lückenhaften Überlieferung freilich oft unklar. Als nächstes wendete sich JULIA WILKER (Philadelphia) der hasmonäischen Herrscherdynastie zu und hinterfragte die binäre Trennung von jüdischem Oberpriestertum und hellenistischem Königtum in der modernen Forschung zu dieser Herrschaftsformation. Entgegen der häufig zu findenden Einschätzung, dass diese entgegengesetzten und rivalisierenden Formen von Status waren, betonte sie, die Hasmonäer hätten es verstanden, die religiöse mit der monarchischen Sphäre als komplementäre Ressourcen in ihrer Repräsentation zu nutzen. Als erstes tat dies im Jahr 104 v. Chr. Artistobulos I., der sowohl den Titel des Archiereus als auch jenen des Basileus führte. Seine Nachfolger sollten an diesem Modell festhalten. Abschließend sprach ACHIM LICHTENBERGER (Münster) über Städtegründungen in den späthellenistischen Königreichen. Angefangen bei Philipp II. und Alexander dem Großen gehörte die (Neu)Gründung von Städten zum festen Bestandteil königlicher Selbstdarstellung, mit der die hellenistischen Könige sich als Ktistes feiern lassen konnten. Auch in späthellenistischer Zeit hielt man an dieser Praxis fest, allerdings unter gänzlich anderen politischen Rahmenbedingungen. Unter anderem anhand der Städtegründungen Herodes’ des Großen ließ sich zeigen, wie die Dominanz Roms im östlichen Mittelmeerraum und die Entstehung einer neuen Monarchie die traditionelle Praxis der dynastischen Benennung von Städten veränderte. Was genau die neuen Namen dabei wem kommunizieren sollten, bleibt Gegenstand der Diskussion.

In Summe zeigten die einzelnen Vorträge, wie vielfältig die hellenistischen Könige und Dynastien trotz aller Gemeinsamkeiten ihre Herrschaft zu inszenieren wussten und welch unterschiedliche Medien ihnen in der Kommunikation mit ihren Untertanen und monarchischen Konkurrenten zur Verfügung standen. Gerade in den anregenden Diskussionen nach den Vorträgen wurde deutlich, wie sehr auch zukünftig synchrone und diachrone Vergleiche sowie transkulturelle/-regionale Untersuchungen dazu beitragen können, ein besseres Verständnis von den hellenistischen Königreichen und ihren Herrschaftstraditionen, -ausübungen und -auffassungen zu gewinnen.

Konferenzübersicht:

Christoph Michels: Thematische Einführung / Thematic Introduction

Die Formationsphase / The Formation Phase

Sabine Müller (Marburg): Argead Representation and its Impact

Jordan Christopher (Münster): Diadochi of the Qin: Hellenistic and Post-Qin Successor Dynamics

Ralf von den Hoff (Freiburg): Royal Portrait Concepts. The Visual Representation of Early Hellenistic Kings.

Hofkultur und Theatralität von Herrschaft / Court Culture and Theatricality of Rule

Shane Wallace (Dublin): Contesting Greatness: The Epithet Megas and Court Rivalry in the Early Hellenistic Period

Hans-Ulrich Wiemer (Erlangen-Nürnberg): The King is Dead: Royal Funerals in the Hellenistic Period

Der König und das Göttliche / The King and the Divine

Gregor Weber (Augsburg): Königliche Schutzgottheiten im frühen Hellenismus. Konzepte und Umsetzungen

Stefan Pfeiffer (Halle): Vater-, Mutter- und Geschwisterliebende Götter: Bemerkungen zur Bedeutung der Dynastie für die Repräsentation ptolemäischen Königtums

Sonja Richter (Essen): Zwischen West und Ost – Zur Konzeption von Herrschaft, Dynastie und Kult im Seleukidenreich

Themen und Felder monarchischer Repräsentation / Topics and Fields of Monarchic Representation

Sebastian Scharff (Münster): The Agonistic Representation of the Ptolemies in the Third Century BC. A Successful Macedonian Dynasty

Charalampos Chrysafis (Augsburg): Der hellenistische König als Friedensherrscher

Christoph Michels (Münster): It’s all Greek to me. Ethnicity, Culture and Hellenistic Kingship

Ausstrahlung und Fremdherrschaft / Impact and Foreign Domination

Hans Beck (Münster): King and Koinon. Antigonid Rule in the Greek Mainland and Peloponnese (306 to 221 BCE)

Milinda Hoo (Freiburg): Power to Impress or Impressing to Power? Clues to Kingship Representation in Warring Bactria

Linda-Marie Günther (München): Hieron II. und das ‚hellenistische Königtum‘ im syrakusanisch-adriatischen Spannungsfeld

Das Herrscherbild zwischen Tradition und Innovation / The Image of the Ruler between Tradition and Innovation

Emma Nicholson (Exeter): Philip V in Polybius’ Histories: Uniqueness, Universality, and the Decline of the ‘Great Man’

Noah Kaye (East Lansing): The Withdrawal of Charisma? Roman Hegemony and Hellenistic Kingship in the 2nd Century

Martin Kovacs (Tübingen): Dynastic Image and the Visual Imitation of Alexander the Great. Seleucid Kings between Tradition and Innovation in the 2nd Century BC

Königliches Image und Münzbotschaften / Royal Image and Coin Messages

Katharina Martin (Münster): Griechisches – Nicht-Griechisches – Allzu-Griechisches? Kommunikationsstrategien der hellenistischen Reichsprägung

Peter F. Mittag (Köln): Gleichungen mit vielen Unbekannten. Ptolemäisches auf seleukidischen Münzen

Anschluss und Abgrenzung / Alignment and Demarcation

Giovanna Pasquariello (Edinburgh): The Ideology of Victory over the Galatians. Re-reading an Explanatory Model of Hellenistic Kingship

Alex McAuley (Cardiff): Imitation and/or Innovation? Royal Incest and the Mithradatids of Pontus

Patrick Sänger (Münster): Being „Greek“ in Egypt. The Ptolemies of the 2nd and 1st Century and Ethno-Cultural Concepts

Kommunikationsräume und Bezugspunkte von Repräsentation / Communication Spaces and Reference Points of Representation

Benedikt Eckhardt (Edinburgh): The King’s Men. Loyalist Organizations in the Hellenistic Empires

Julia Wilker (Philadelphia): Balancing Concepts of Authority and Status Representation: The Hasmoneans between High Priesthood and Kingship

Achim Lichtenberger (Münster): City Foundations in Late Hellenistic Kingdoms


Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprache(n) der Konferenz
Englisch
Sprache des Berichts